Kragarmtreppen gehören zu den anspruchsvollsten Konstruktionen im modernen Innenausbau. Der charakteristische Effekt „schwebender Stufen“ entsteht ausschließlich durch die Tragfähigkeit der Wand – sie ist das zentrale statische Element der gesamten Konstruktion. Fehlende Informationen über das Wandmaterial oder falsche Annahmen führen häufig zu schwerwiegenden Planungsfehlern, die später kaum korrigierbar sind.
Im folgenden Artikel werden alle technischen Grundlagen, geeigneten Wandtypen, Mindestanforderungen, statische Voraussetzungen sowie Alternativen für ungeeignete Wände erläutert.
1. Funktionsprinzip einer Kragarmtreppe
Eine Kragarmtreppe unterscheidet sich statisch stark von herkömmlichen Treppensystemen. Während traditionelle Treppen Lasten über Wangen oder Setzstufen verteilen, wirken bei Kragarmtreppen extrem hohe Punktlasten auf einen stark begrenzten Wandbereich.
Jede einzelne Stufe überträgt:
- ihr Eigengewicht (z. B. 15–35 kg bei Eiche),
- die dynamische Nutzlast des Benutzers (oft > 150 kg),
- Biegemomente durch den Hebelarm,
- horizontale Kräfte beim Auftreten,
- wechselnde Belastungen beim Auf- und Absteigen,
- bei breiten Stufen zusätzlich Torsionskräfte.
Typische Systeme verlangen, dass die Wand 300–600 kg pro Stufe aufnehmen kann. Auch die zulässige Durchbiegung ist streng begrenzt: mehr als 2–4 mm sind unzulässig.
Daher ist die Wahl einer geeigneten Wand zwingend notwendig.
2. Geeignete Wandarten für Kragarmtreppen
2.1 Stahlbeton – die optimale Lösung
Stahlbeton bietet:
- höchste Dichte,
- große Druckfestigkeit,
- außergewöhnliche Formstabilität.
Geeignet, wenn:
- Betonklasse mindestens C20/25,
- Wandstärke mindestens 16 cm,
- keine Installationen im Verankerungsbereich liegen,
- ausreichende Randabstände vorhanden sind.
Stahlbeton verhindert Schwingungen, Risse und Durchbiegungen – ideal für Neubauten.

2.2 Vollziegel und Kalksandstein – geeignet unter Voraussetzungen
Diese massiven Wandmaterialien können ausreichend tragfähig sein, wenn:
- Wandstärke mindestens 24 cm (Vollziegel) bzw. 20–24 cm (Kalksandstein),
- keine Loch- oder Hohlkammersteine verwendet wurden,
- Mörtelgruppe MG II oder höher vorhanden ist,
- Punktlasten statisch nachgewiesen sind,
- die Homogenität und Druckfestigkeit des Mauerwerks gewährleistet ist.
Eine statische Prüfung ist Pflicht.
2.3 Porenbeton (Ytong) und Leichtbauwände – ohne Zusatzkonstruktion ungeeignet
Porenbeton besitzt eine geringe Rohdichte (0,4–0,6) und somit zu geringe Druckfestigkeit.
Leichtbauwände aus Gipskarton oder Holzständern sind grundsätzlich nicht tragfähig.
Hier ist eine Kragarmtreppe nur mit einer zusätzlichen Stahlrahmenkonstruktion umsetzbar.
3. Technische Mindestanforderungen an die Wand
3.1 Mindeststärken
| Wandtyp | Mindeststärke | Hinweis |
|---|---|---|
| Stahlbeton | 16 cm | optimale Tragfähigkeit |
| Kalksandstein | 20–24 cm | geeignet, wenn massiv |
| Vollziegel | 24 cm | statischer Nachweis erforderlich |
| Porenbeton | – | nur mit Stahlrahmen |
| Leichtbauwand | – | nur mit Stahlrahmen |

3.2 Materialeigenschaften
Eine geeignete Wand benötigt:
- hohe Druck- und Biegefestigkeit,
- homogenen Aufbau ohne Hohlräume,
- guten Mörtelverbund,
- formstabile Struktur,
- keine Installationen im Verankerungsbereich.
3.3 Einbindetiefe und Randabstände
Notwendig sind:
- Einbindetiefe 12–18 cm,
- Gewindestangen M16–M24,
- chemische oder mechanische Anker,
- korrekte Randabstände,
- Befestigung in tragfähigem Wandbereich.
Unterschreitungen führen zu Rissen oder Ausbrüchen.
4. Stahlkonstruktionen für nicht tragende Wände
Wenn die Wand nicht ausreichend tragfähig ist (z. B. Porenbeton oder Leichtbauwand), schafft eine Stahlwange bzw. ein Stahlrahmen Abhilfe.
4.1 Vorteile
- geeignet für nahezu jedes Gebäude,
- verteilt Lasten flächig statt punktuell,
- verhindert Wandverformungen,
- minimiert Rissbildung im Putz,
- absolut maßhaltige und langlebige Lösung.
4.2 Einbauarten
- eingestellter Stahlrahmen (für Neubau oder Umbau),
- aufgesetzter Stahlrahmen (optimal bei Sanierung),
- Integration in Leichtbauwänden mit Holz- oder GK-Verkleidung.

5. Statische Berechnungen und geltende Normen
Für jede Kragarmtreppe ist eine individuelle statische Berechnung zwingend erforderlich.
Relevante Normen:
- Eurocode 2 (EN 1992-1-1) – Stahlbeton,
- Eurocode 6 (EN 1996) – Mauerwerk,
- DIN 1055 / EN 1991 – Lastannahmen,
- DIN 18065 – Gebäudetreppen.
Nachweise umfassen:
- Tragfähigkeit der Wand,
- Tragfähigkeit der Verankerungen,
- zulässige Durchbiegung,
- Auszieh- und Abstützkräfte,
- Dauerhaftigkeit der Konstruktion.
Montage ohne statischen Nachweis ist nicht zulässig.
6. Häufige Fehler und Risiken
Typische Planungs- und Montagefehler:
- Montage in zu dünnen Wänden,
- Verwendung ungeeigneter Materialien,
- fehlende statische Berechnungen,
- Installationen im Befestigungsbereich,
- falsche oder unzureichende Ankersysteme,
- unebene oder instabile Wände,
- fehlender Stahlrahmen bei Leichtbauwänden,
- mangelhafte Abdeckung oder Verputzung nach Montage.
Diese Fehler führen zu Schwingungen, Rissen oder strukturellen Schäden.
7. Fazit
Die Wahl der passenden Wand ist entscheidend für Sicherheit, Qualität und Lebensdauer einer Kragarmtreppe.
- Stahlbeton ist die beste Option.
- Vollziegel und Kalksandstein sind geeignet, sofern die statischen Anforderungen erfüllt werden.
- Für nicht tragende Wände ist eine Stahlrahmen- oder Stahlwangenkonstruktion die einzig sichere Lösung.
Bei korrekter Planung und fachgerechter Ausführung kann eine Kragarmtreppe nahezu überall realisiert werden. https://goodweld.de/




